Firmengeschichte

Die frühen Jahre

1962 entwickelt Steve Russel, Professor für Computerwissenschaften an MIT, mit zwei Studenten auf dem Großrechner DEC PDP-1 der Universität (der einen Wert von ca. 120.000 US$ hat!) ein Videospiel namens Space War. In diesem Spiel fliegen zwei gegnerische Raumschiffe um eine in der Mitte befindliche Sonne und versuchen, das jeweils andere Schiff abzuschießen. Die Schiffe lassen sich links- und rechtsherum drehen und nach vorne beschleunigen. Während des Kampfes muß der Spieler ständig darauf achten, nicht in die Gravitation der Sonne zu geraten und dort hineingezogen zu werden.

Was das alles mit Atari zu tun hat? Nun, zu dieser Zeit war ein junger Mann namens Nolan Bushnell Student an der University of Utah. Diese Universität hatte ebenfalls eine PDP-1 und auch dort wurde Space War gespielt (das Programm wurde frei kopiert, da Steve Russel es nie patentiert hat). Bushnell sieht Space War und ist von dem Spiel sofort begeistert. Da er in den Semesterferien in einer Spielhalle jobbt, kommt ihm die Idee, einen Münzautomaten für Space War zu bauen. Allerdings ist die Umsetzung noch schwierig, da die benötigte Hardware noch den Platz eines Kleinwagens in Anspruch nimmt. Es soll auch noch ca. 8 Jahre dauern, bis Bushnells Idee realisiert wird.

1970 schließt Nolan Bushnell sein Studium ab und bekommt einen Job bei Ampex in Redwood City, Kalifornien. Dort lernt er Ted Dabney kennen, den er für sein Space War-Projekt begeistern kann.

1971 glaubt sich Bushnell schließlich am Ziel. Er kündigt bei Ampex, um sich voll auf Space War konzentrieren zu können. Als der Automat schließlich fertiggestellt ist, wird er Computer Space getauft. Es findet sich auch ein Abnehmer für das Gerät: Nutting Associates. Insgesamt werden 1.500 Stück von Computer Space in einem futuristischen Fiberglasgehäuse produziert. Leider bleiben die Verkaufszahlen deutlich hinter den Erwartungen zurück... Bushnell erkennt, daß die Bedienung des Spiels (unterschiedliche Knöpfe für Rotation, Schub und Feuer) zu kompliziert ist, und kommt zu dem Schluß, daß ein erfolgreiches Arcadespiel vor allem simpel zu steuern sein muß.

Trotz des Flops will Bushnell weitermachen. Auf einer Messe in Burlington, Kalifornien, hat er Gelegenheit, das Magnavox Odyssey-System auszuprobieren. Es handelt sich dabei um ein simples Tennisspiel mit zwei vertikal beweglichen Schlägern, die jeweils einen stilisierten Ball in Bewegung halten müssen. Dieses Spiel ist so einfach, daß es eigentlich ein Erfolg werden muß!

Die Gründung der Firma Atari

Da Nutting Associates Bushnell nicht so gewähren läßt, wie er möchte, gründet er 1972 schließlich zusammen mit Ted Dabney eine eigene Firma. Das neue Unternehmen soll den Namen Syzygy bekommen, der ist aber (glücklicherweise .-)) schon an eine Dachdeckerfirma vergeben. Also entscheidet man sich für das japanische Wort Atari was übersetzt "ich werde gewinnen" heißt (und im Brettspiel Go die Bedeutung der Ansage "Schach" beim Schachspiel hat). Das Atari-Logo stellt übrigens den stilisierten Fujijama, den "heiligen Berg Japans" (der eigentlich ein Vulkan ist, aber man ist ja nicht kleinlich ;-)), dar.

Am 27. Juni 1972 wird die neue Firma Atari offiziell mit einem Startkapital von nur 500 US$ gegründet (jeweils 250 US$ von Bushnell und Dabney).

Das erste Atari-Spiel wird Pong, gebaut von Al Alcorn (der interessanterweise als Ersatzmann für den ausgeschiedenen Bushnell bei Ampex arbeitet). Es handelt sich praktisch um das Spiel, das Bushnell 1971 gesehen hat: Magnavox Odyssey, das simple Tennisspiel. Nach der Herstellung des Prototyps begibt sich Bushnell auf die Suche nach einem Produzenten, u.a. den Flippergiganten Bally Midway. Da er nur Absagen erhält, entschließt er sich dazu, den Automaten selbst zu produzieren.

Legendär ist der Testlauf des Prototypen in einem Café, Andy Capp's Tavern, in Sunnyvale: Nach zwei Tagen Betriebszeit bekommt Bushnell einen Anruf vom Gastwirt, der sich darüber beschwert, daß der Automat nicht mehr funktioniere. Der "Fehler" ist schnell gefunden: der Geldkasten war durch die vielen eingeworfenen Münzen übergelaufen und muß durch einen größeren ersetzt werden. Durch diesen Erfolg bestärkt, beginnt die Serienproduktion von Pong. Mit sehr gutem Ergebnis: innerhalb eines Jahres werden ca. 10.000 Exemplare verkauft (für damalige Verhältnisse ein unglaublicher Erfolg)!

Dieser Erfolg findet natürlich auch Nachahmer: 1973 werden die Spielhallen mit einer Flut von Pong-Clones überschwemmt. Einer der Clone-Hersteller ist übrigens Nutting Associates - die Firma, die Bushnell die Mittel für die Pong-Entwicklung verweigert hatte.

Ted Dabney sieht die wachsende Konkurrenz mit Sorge und verkauft schließlich seine Hälfte der Firma an Nolan Bushnell. Eigentlich unbegründet, denn Atari bleibt der umsatzstärkste Videospiel-Hersteller.

Atari stockt sein Angebot an Videoautomaten auf: neue Titel wie Gotcha, Space Race, Double Pong und Super Pong kommen in die Spielhallen.

1974 folgen noch einige weitere Pong Versionen: Quadra Pong, das erste Videospiel für insgesamt vier Personen, Touch Me (auch als Simon bekannt), Pin Pong und Doctor Pong. Andere Automaten, wie Grand Track, Formula K, World Cup Football und besonders Tank (das einen neuen Spieltyp begründet), werden ebenfalls herausgebracht.

Tank wurde eigentlich von der Firma Kee Games entwickelt. Es stellte sich aber bald heraus, daß Kee Games nur ein Tochterunternehmen von Atari war. Deshalb - und weil beide Firmen ohnehin noch 1974 fusionierten - kann man Tank also beruhigt als Atari-Spiel bezeichnen. Nach der Fusion wurde übrigens der Inhaber von Kee Games, Joe Keenan, Präsident und Nolan Bushnell CEO (Chief Executive Officer = Geschäftsführer) der "neuen", größeren Firma Atari.

Home Pong - das erste Atari-Telespiel

Harold Lee, ein Angestellter bei Atari, regt eine Heimversion von Pong an, die einfach an das heimische Fernsehgerät angeschlossen werden soll: Home Pong. Die Konsole wird schließlich von Lee, Alcorn und Robert Brown entwickelt. Vorerst schrecken die Händler aber vor diesem Spiel zurück, da sie noch die schlechten Verkaufsergebnisse des Magnavox Odyssey 100 in Erinnerung haben.

1975 nimmt Atari Kontakt zu Tom Quinn, Einkäufer bei der Warenhauskette Sears-Roebuck, auf und zeigt ihm das Pong-System. Sears kauft 150.000 Geräte und vertreibt sie unter dem eigenen Label Sears Tele-Games. Weihnachten 1975 hat sich Home Pong zum bestverkauften Artikel in Sears' Sortiment entwickelt, der Begriff Atari wird in den USA landesweit bekannt.

1976 landet Atari einige weitere Spielhallenhits, u.a. die bekannten Spiele Le Mans, Night Driver und Breakout. Letzteres ist wohl genauso oft kopiert worden wie Pong.

Die Übernahme

Atari wächst kontinuierlich und wird schließlich von Time Warner Communications für 28 Mio. US$ aufgekauft (wovon 15 Mio. direkt auf Bushnells Konto fließen), nicht zuletzt deshalb, weil Atari die erforderlichen Mittel für die Fertigstellung der geplanten Heimkonsole (Codename Stella, das spätere VCS-System) nicht allein aufbringen kann. Joe Keenan und Nolan Bushnell bleiben aber auch nach der Übernahme Geschäftsführer bei Atari.

1977 bringt die japanische Firma Taito das Spiel Space Invaders auf den Markt. Atari erwirbt die Rechte an diesem Spiel und vermarktet es erfolgreich, weitere Lizenzhits folgen, wodurch Atari zum unumstrittenen Marktführer im Bereich der Arcadespiele aufsteigt.

Atari VCS und Atari-Heimcomputer

Atari steigt mit dem Video Cartridge System (VCS, später in Atari 2600 umbenannt) in einen neuen Bereich ein, nämlich den der Heimvideospiele mit auswechselbaren Modulen. Durch das Konzept der Spielmodule und die für damalige Verhältnisse ansprechende Farbgrafik wird auch dieses System zu einem vollen Erfolg - und soll es noch für viele Jahre bleiben, denn es wird bis 1990 verkauft. Das VCS dürfte somit die erfolgreichste Videospielkonsole aller Zeiten sein.

1979 beteiligt sich Atari mit den Modellen 400 und 800 auch am noch nicht großen Heimcomputermarkt. Die Computer sind für ihre Zeit sehr fortschrittlich, besonders die frei programmierbaren Custom Chips eröffnen völlig neue Horizonte.

Spielhallenmäßig ist Atari auch nicht faul und bringt Hits wie Lunar Lander und Asteroids (den Knüller überhaupt) heraus. Viele der Spielhallenhits finden auch eine Umsetzung auf das VCS, das Angebot an Modulen wächst stetig.

Nolan Bushnell, der Gründer von Atari, verläßt seine Firma. Er gründet später die neue Firma Androbots, Inc., die sich auf die Herstellung von Hausrobotern spezialisiert. Da diese Roboter allerdings als Spielzeug deutlich zu teuer und als Bedienstete eindeutig zu dämlich ;-) sind, wird Androbots schnell wieder geschlossen.

Time Warner nutzt den Fortgang Bushnells, um eine neue Firmenpolitik zu etablieren. Die zwanglosen Zeiten bei Atari sind vorbei, neue Vorschriften wie Krawattenpflicht, Firmenkleidung, geregelte Arbeitszeiten u.ä. verprellen die Entwickler, die sich dadurch eingeengt fühlen.

1980 wird Activision, die erste nur auf Videospiel-Software spezialisierte Firma, von James Levy gegründet. Vier ehemalige Spieledesigner von Atari sind mit von der Partie: David Crane, Larry Kaplan, Alan Miller und Bob Whitehead, die sich nicht zuletzt wegen der neuen Firmenpolitik bei Atari abgesetzt haben. Activision setzt neue Maßstäbe für die Qualität der Videospiele und löst damit einen regelrechten Boom aus.

1981 kommt das Nachfolgemodell zum VCS 2600, die 5200-Konsole heraus. Grafik und Sound sind bei diesem Modell deutlich verbessert (die verwendete Technik entspricht denen der Atari-Heimcomputer), aber es kann sich wegen der Inkompatibilität zu seinem Vorgänger überhaupt nicht durchsetzen.

1982 erscheint das erste Gerät der XL-Serie in den USA, der Atari 1200XL, der die mittlerweile doch etwas betagten Rechner 400/800 ablösen soll. Leider ist der 1200XL nicht 100% kompatibel zu seinen Vorgängern und wird deswegen ein ziemlicher Flop. Nichtsdestotrotz bringt der 1200XL einige wirkliche Verbesserungen mit sich, in erster Linie den erweiterten XL-Chipsatz. Zudem ist das Gehäuse angenehm flach, zur Eingabe wird eine richtige Schreibmaschinentastatur (leicht erweitert, z.B. um eine HELP-Taste) verwendet, der Speicher ist auf 64 KByte aufgestockt.

1983 kommen dann die sehr erfolgreichen XL-Rechner 600XL und 800XL heraus. Die Probleme des 1200XL sind behoben, beide Computer sind voll abwärtskompatibel und können die Software der älteren Atari-Rechner einwandfrei verarbeiten. Als Novum bei Atari ist das Basic direkt in den Rechner integriert, ein zusätzliches Modul ist zum Programmieren nicht mehr nötig.



Fortsetzung folgt...


Dank an:


Quellen:

  • "Das große Handbuch der Videospiele", 1984/85, Hartmut Huff
  • Computerkurs Nr. 2, 8, 18, 27

Vielen Dank an Sascha Hoogen für die Erlaubnis die Atari Firmengeschichte aus dem 8-Bit Nirvana zu kopieren.

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